Moortypisierung

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Allgemeines zur Moortypisierung in Mitteleuropa

Die Typisierung der mitteleuropäischen Moore geht im Wesentlichen auf die berühmte Gliederung von DU RIETZ (1954) zurück, der rein vom Regenwasser ernährte, ombrotrophe Moore (bogs) von den minerotrophen Mooren (poor fen, rich fen) unterscheidet, die zumindest teilweise unter dem Einfluss von Mineralbodenwasser stehen. DU RIETZ (1954) beschrieb diese Grenze zwischen den Hauptmoortypen (Mineralbodenwasserzeigergrenze) als sehr scharf, was sicherlich nicht ganz korrekt ist. In der Folge wurde dieser Ansatz zumindest in den wesentlichen Grundzügen in Europa verwendet und hat sich seit vielen Jahrzehnten in der Ökologie und im Naturschutz manifestiert.

Rund 50 Jahre später stellen BRIDGHAM et al. (1996) und besonders WHEELER & PROCTOR (2000) diesen Gliederungsansatz in Frage und unterscheiden für Großbritannien die „bogs“ von den „fens“ rein auf Basis des pH-Wertes. WHEELER & PROCTOR (2000) fordern die Verwendung der Mineralbodenwasserzeigergrenze, welche die ombrotrophen und minerotrophen Moore als Hauptmoorgruppen trennt, aufzugeben, weil diese Grenze nicht scharf genug sei. Nach WHEELER & PROCTOR (2000) zeigt der pH-Wert eine bimodale Verteilung. Die bogs – also von Torfmoosen dominierte Moore – weisen einen pH-Wert von < 5,5 auf, sind arm an Ca2+ und unter den Anio-nen dominieren Cl- und SO42-. Demgegenüber stehen die fens – also von Braunmoosen dominierte Moore – mit einem pH-Wert von über 5,5 und einem hohen Gehalt von Ca2+ und HCO3- . Das Hochmoor – raised bog – wäre demnach also nur eine besondere Ausbildung innerhalb der von Torfmoosen dominierten Moore und in derselben Gruppe wie die basenarmen Niedermoore einzuordnen.

ØKLAND et al. (2001) folgen dieser Neugliederung nicht und weisen für Skandinavien nach, dass es keinen vom pH-Wert unabhängigen Nährstoffgradienten gibt. Dies könnte auch damit in Zusammenhang stehen, dass in Skandinavien die atmosphärische Stickstoffdeposition äußert gering ist (AERTS et al. 1992). In Großbritannien dürfte auch noch der erhöhte Mg-Gehalt der Luft in Meeresnähe mitverantwortlich für die höheren pH-Werte in ombrotrophen Mooren sein (SJÖRS & GUNNARSSON 2002).2

Zweifelsfrei kann das System der ökologischen Moortypen von SUCCOW (1988) nicht auf Österreich übertragen werden, da oligotrophe Moorhabitate keineswegs auf die „Sauer-Armmoore“ (Hochmoore) im Sinne Succows beschränkt sind. Auch wenn unter den sauren Mooren oligotrophe Standorte verbreitet sind, so muss ein höherer pH-Wert nicht zwangsweise mit einer höheren Nährstoffverfügbarkeit einhergehen. So gibt es auch in Österreich Kalk-Niedermoore, die eine extrem geringe Fertilität aufweisen (kalk-oligotroph). Die Ursache dafür ist, dass Phosphor bei hohen Ca2+-Konzentrationen aus der Lösung heraus gebunden wird (Calciumphosphat), wodurch es mit steigendem pH-Wert zu einer zunehmenden Immobilisierung von Phosphor kommt. Demnach muss man in diesem Punkt WHEELER & PROCTOR (2000) zustimmen. In Skandinavien sind kalkreiche Moorstandorte eher selten, so dass dies vermutlich nur eine untergeordnete Rolle spielt.

HÁJEK et al. (2006) lehnen eine Neuklassifizierung auf Basis des pH-Wertes ebenso ab und vertreten wie die Autoren die Auffassung, dass es sehr wohl möglich ist die Hoch- und Niedermoore auf Basis von Trennarten zu unterscheiden. Es steht wohl außer Frage, dass eine komplette Neuausrichtung der Moortypologie gravierende Folgen hätte und besonders im Naturschutz, aber auch innerhalb der Wissenschaft für ziemliche Verwirrung sorgen dürfte, wodurch man diesen Zugang aus naturschutzfachlicher Sicht besser nicht weiterverfolgt. Wenngleich man betonen muss, dass die basenarmen Niedermoore vegetationskundlich den Hochmooren deutlich näher stehen als den basen- und kalkreichen Niedermooren, und genau dieser Umstand nicht unwesentlich für die zahlreichen Fehlzuordnungen der Moortypen in Österreich gewesen sein dürfte.

2.2 Gedanken zum Begriff „Hochmoor“

Hochmoore weisen einen eigenständigen Moorwasserkörper auf, der oft völlig unabhängig vom Grundwassereinfluss der Umgebung ist und rein über die Niederschläge versorgt wird. Dies wird in der Regel dadurch ermöglicht, dass sich der Torfkörper aufwölbt und zum Randgehänge abfällt, wodurch das Eindringen von Mineralbodenwasser verhindert wird. Am ehesten möglich ist dies in ebenem Gelände oder auch an Sätteln oder Pässen über wasserundurchlässigem Untergrund. Bei geeigneten klimatischen Bedingungen können Torfkörper bis zu einem gewissen Ausmaß auch unabhängig von der Topografie aufwachsen, wodurch asymmetrische Hochmoore oder Deckenmoore entstehen können. Bei Moorbildungen an steileren Hängen der Berglagen nimmt der Einfluss des Mineralbodenwassers an der Moorentwicklung zu. Das oberflächlich bzw. oberflächennah abfließende Hangwasser staut sich an der beginnenden Moorbildung und trifft später meist auf breiter Front auf den Torfkörper und wird beim Eintritt aufgestaut, so dass das Moor auch hangaufwärts wachsen kann. Die Grenze des Moorwachstums hängt dann maßgeblich von der Menge des anströmenden Mineralbodenwassers bzw. der Größe des hydrologischen Einzugsgebietes ab. Die Lage an steileren Hängen bedingt aber auch, dass sich bergseitig oft kein Randgehänge mehr entwickeln kann und sich der Mineralbodenwassereinfluss somit oft flächig nachweisen lässt. Es gibt aber auch Hangmoore, die sich zumindest in Teilbereichen dennoch bis zum echten Hochmoor weiter entwickeln (ombro-soligene Moore), da die eindringenden Nährstoffe herausgefiltert und gebunden werden und somit für Pflanzen nicht mehr verfügbar sind. Hier sind jedoch die Größe des Moores, die Größe des Einzugsgebietes und vermutlich auch das Alter der Moorbildung von großer Bedeutung. Ein gutes Beispiel für ein echtes Hochmoor dieses Typs ist das Große Zlaimmoos im steirischen Salzkammergut.

Charakterisierung des Übergangsmoores

Viele basenarme Moorbildungen sind durch das Auftreten der Arten des Sphagnetum magellanici gekennzeichnet und erscheinen rein optisch bei oberflächlicher Betrachtung oft als Hochmoore. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass vor allem in den Schlenken konstant Arten auftreten, die den Einfluss des Mineralbodenwassers verdeutlichen. Besonders das Vorhandensein der Latsche und die hohe Abundanz von Torfmoosen dürften dafür verantwortlich sein, dass derartige Moore oft zu den Hochmooren gezählt werden, obwohl die Latsche und auch Torfmoose ebenso in Niedermooren gedeihen können. Bei den meisten Vermoorungen dieses Typs lassen sich Mineralbodenwasserzeiger im gesamten Moorbereich nachweisen. Die Dominanz ist sehr unterschiedlich und die Deckungswerte je nach Ausbildung sehr gering, aber diese Differenzialarten sind hochstet. Aus standörtlicher und naturschutzfachlicher Sicht sind derartige Moore auch im Sinne von ALETSEE (1967) zu den Übergangsmooren zu stellen, also zur Übergangsstufe vom Nieder- zum Hochmoor und klar von den echten, also rein ombrogenen Hochmooren zu trennen.

Mineralbodenwasserzeiger

Wo aber ist die Grenze zwischen einem Hoch- und Übergangsmoor zu ziehen? Eine ombrogene Moorbildung ist eigentlich ein absoluter Zustand. Entweder ein Moorkörper wird rein durch Nie-derschläge versorgt oder nicht. Der Nachweis, ob es sich um ein echtes Hochmoor handelt, ist aber nicht immer einfach und auch eine aufwendige chemische oder bodenkundliche Analyse erscheint hier nicht immer plausibel genug, um reproduzierbare Ergebnisse erbringen zu kön-nen. Außerdem sind derartige Analysen praxisfern, sie sollten aber künftig helfen die Alpen-moore besser verstehen zu lernen. WHEELER & PROCTOR (2000) kritisieren die Mineralbodenwas-serzeigergrenze, da es keine Arten gibt, die Hochmoore gegenüber Niedermooren eindeutig trennen können. Diese Kritik ist nachvollziehbar, denn es gibt keine einzige Pflanzenart, die aus-schließlich auf Hochmoorstandorte beschränkt ist (vgl. 6.1). Alle diese Arten können in Übergangsmooren oder basenarmen Niedermooren ebenfalls vorkommen, entscheidend ist hinge-gen die Artenkombination. Demgegenüber stehen jene Arten, welche die Niedermoore von den ombrogenen Hochmooren trennen (vgl. 6.2) und in der Regel Kennarten der basenarmen Niedermoore (Übergangsmoore) sind. In Mitteleuropa bieten sich diese Mineralbodenwasserzeiger zur Unterscheidung der Hochmoore von den Übergangsmooren an. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein punktuelles Auf-treten entlang oder im Wirkungsbereich eines Grabens oder Gerinnes nicht ausreichend ist, um von einem Übergangsmoor zu sprechen.

Viele dieser Arten schaffen es offensichtlich sehr gut mit den Bedingungen nahe bzw. im Einflussbereich des Mineralbodenwassers zurecht zu kommen bzw. ist dies sogar eine Grundvoraussetzung dafür, dass sich aus einem Niedermoor überhaupt ein Hochmoor entwickeln kann. Dies wird z. B. auch durch den Umstand verdeutlicht, dass selbst Sphagnum fuscum bereits relativ früh in der Moorentwicklung Bulten in relativ basenreichen Niedermooren bilden kann. Die stetige Abnahme der Schlenken im Zuge der Sukzession vom Nieder- zum wachsenden Hochmoor ist ebenfalls charakteristisch, wodurch die Dominanz der ombrotraphenten Bult-Gesellschaften in Übergangsmooren typisch ist. Nachdem keine der Hochmoorarten (6.1) auf Hoch-moore beschränkt ist, darf es auch nicht verwundern, dass diese in Übergangsmooren, die einem Hochmoor bereits sehr nahe kommen, auch dominant auftreten. Über saurem Grundgestein nähert sich die Vegetation der Hochmoore und jener der basenarmen Niedermoore ohnehin an.

Sind Arten wie z. B. Carex echinata, C. nigra oder Juncus filiformis bzw. gewisse Moose (6.2) gleichförmig verteilt oder kommen in großen Teilbereichen vor, dann ist dieses Moor den Übergangsmooren zuzuordnen. Dies hat auch den großen Vorteil, dass eine Ansprache oft über eine vegetationskundliche Grundlagenerhebung möglich ist, was in der täglichen Naturschutzpraxis von großer Bedeutung ist. Aus diesem Grund ist es außerordentlich wichtig ein Kartierungssystem zu schaffen, dass wenig Interpretationsspielraum bietet.

Problemfall Hochlagen

Aufgrund der mit zunehmender Seehöhe steigenden Niederschlagsmengen sind auch die atmo-sphärischen Nährstoffeinträge besonders in den Nordstaulagen relativ hoch. Aus diesem Grund müsste man zur endgültigen Klärung der Mineralbodenwasserzeiger der Hochlagen genauere wissenschaftliche Analysen durchführen. Dies wurde leider nie gemacht, so dass man auf die Erfahrungen der Moorspezialisten zurückgreifen muss. So scheint z. B. Carex limosa in den Tief-lagen eher ein Mineralbodenwasserzeiger zu sein, dem es offenbar auch in etwas höher gelege-nen Mooren gelingt, in den Hochmoorschlenken eine Dauergesellschaft aufzubauen. Ähnliches gilt auch für Trichophorum cespitosum, das in den Tieflagen ein vergleichsweise seltener Stö-rungszeiger ist. Die einheitliche Verteilung der Mineralbodenwasserzeiger in vielen Mooren legt jedoch den Schluss nahe, dass es nicht alleine die erhöhten Stickstoffemissionen sein können, die ein Auftreten dieser Arten ermöglichen. Oder anders formuliert, warum fehlen diese Arten dann in den echten Hochmooren der höheren Lagen?

Was vereinzelt beobachtet werden kann, ist das Vorkommen von Arten wie Phragmites australis, Carex rostrata oder Menyanthes trifoliata in rein ombrotrophen Hochmooren (Abb. 2). In diesen Fällen erreichen diese Arten mit ihren Rhizomen tiefere Bereiche, wo eine ausreichende Ionenversorgung im Wurzelraum infolge der Wasserbewegung gewährleistet wird. Es kann auch ein Anschluss an das umgebende Grundwasser vorhanden sein (vgl. auch DINGER & RINGLER 2005, p. 87). In diesen Ausnahmefällen sind diese Arten nicht als Mineralbodenwasserzeiger zu werten und man kann diese Moore als Pseudohochmoore bezeichnen. Möglicherweise weisen diese Hochmoorausprägungen oft geringmächtigere Torfschichten auf. Aufgrund des geschlossenen Torfmoosteppichs und der äußeren Erscheinung dieser Moore geben sie sich dennoch eindeutig als echtes Hochmoor zu erkennen und sind zweifelsfrei dem LRT 7110 zuzuordnen.

Bei den Mineralbodenwasserzeigern muss man jedoch beachten, dass entwässerte Hochmoore auch infolge der Mineralisierung und der zumindest geringfügig besseren Nährstoffverhältnisse eine zum Teil abweichende Artengarnitur tragen (vgl. auch 6.3). So treten in Torfstichen oder Gräben regelmäßig Sphagnum fallax und Polytrichum commune auf. Auch Molinia caerulea kann in degradierten Mooren beträchtliche Flächen einnehmen. In Erosionsbereichen können weitere hochmoorfremde Arten wie z. B. Carex echinata oder Trichophorum alpinum auftreten. In naturnahen Hochmooren fehlen diese Arten jedoch weitgehend. Die Mineralbodenwasserzeiger profitieren an zumindest leicht minerotrophen Standorten von der etwas besseren Verfügbarkeit von Ammonium und Phosphor. All diese Arten sind auch mehr oder weniger typisch für Laggbereiche von Hochmooren, wo sich ein ombro-minerotrophes Mischsystem einstellt.

2.3 Hochmoore im Klimagradienten

Im Alpengebiet ist das Areal der ombrogenen Moorbildungen nicht exakt bekannt, zumal auch die unterschiedlichen Grundgesteine, das Lokalklima und die komplexe Topographie einen erheblichen Einfluss ausüben. Bedenkt man jedoch, dass es in den Alpen einen klimatischen Höhengradienten gibt, dann sollte es folgerichtig eine Grenze des Hochmoorwachstums geben, die im Atlantikum sicherlich deutlich höher lag als heute. Dies wird auch bei der Betrachtung größerer Moorbildungen in hochmontanen bis subalpinen Lagen ersichtlich, wo die aktuelle Vegetation den Torfkörper nicht aufgebaut haben kann und es zum Stillstand des Moorwachstums ge-kommen ist. Durch die Beweidung wurde dieser Prozess verstärkt bzw. überlagert, wodurch oft Erosionskomplexe mit ihrer charakteristischen Pflanzendecke entstanden sind (Trichophoreten). Möglicherweise liegt die Höhengrenze für die Ausbildung von vegetationskundlich echten (Tieflagen-) Hochmooren heute aus klimatischen Gründen nicht viel höher als bei 1200 m. Meist nur bis in diese Höhenlage finden sich jene Hochmoore, die völlig frei von Mineralbodenwasserzeigern sind (z.B. Saumoos und Mooshamer Moor im Lungau, Fohramoos Bödele, Kojenmoos bei Hittisau und wenige andere). Selbst das Große Überling-Schattseitmoor ist nicht in der Gesamtheit frei von Mineralbodenwasserzeigern, dennoch ist es vermutlich das höchste Vorkommen (1750 m) des LRT 7110 in Österreich und stellt eine absolute Ausnahme dar. All diese Moore weisen eine beträchtliche Größe auf, was verdeutlicht, dass für rein ombrogene Moorbildungen die Größe des Moores mitentscheidend sein kann. Es darf also nicht verwundern, dass es Moore geben muss, die klimabedingt nicht zu einem echten Hochmoor aufwachsen konnten und nicht über das Übergangsmoorstadium hinausgekommen sind.

2.4 Wohin mit den Torfstichen?

Ein offensichtlich sehr kontroverses Thema ist die Zuordnung von in Regeneration begriffenen Torfstichen und anderen Torfabbaustadien. So werden bei TRAXLER et al. (2005) in Regeneration befindliche Sekundärbiotope ohne nähere Definition bei den Lebenden Hochmooren einbezogen:

In diesen Biotoptyp einzubeziehen sind alte, hinsichtlich ihrer Artenzusammensetzung weit-gehend aus typischen Arten aufgebaute Regenerationsstadien aufgelassener Torfstiche und Regenerationsstadien ehemals hydrologisch gestörter Moore.

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